Schockierende Bilder von Magermodels und ausgemergelten Betroffenen sind um die Welt gegangen und haben das Bild der Magersucht (Fachbegriff „Anorexia nervosa„) in der Öffentlichkeit maßgeblich geprägt. Sie haben unter anderem eine umfassende Debatte um das gängige Schönheitsideal ausgelöst.

Stärker als in den vergangenen Jahrzehnten ist die „Anorexia nervosa“ daher zum Gegenstand der Diskussion geworden, auch, weil sie keine Ausnahme mehr darstellt. De facto sind 0,7 Prozent aller pubertierenden Mädchen davon betroffen, immer öfter aber auch ältere Frauen, Jungen und junge Männer. Statistisch gesehen handelt es sich um eine Krankheit, die eine immer größere Rolle spielt.

Buchempfehlungen und Erfahrungsberichte zum Thema Magersucht bzw. Anorexie

Was ist Magersucht?

Zwar liest man viel über diese Krankheit, doch manch einer fragt sich: Was ist Magersucht überhaupt?

Der Begriff Magersucht impliziert dabei einige Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit die Anorexia nervosa medizinisch als solche diagnostiziert wird. Die Magersucht ist dabei als eine psychisch bedingte Essstörung aufzufassen. Eines der wesentlichen Kennzeichen ist, dass sich Betroffene als „zu dick“ wahrnehmen, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht.

Durch Verminderung der Nahrungsaufnahme, durch exzessiven Sport oder durch eine Einnahme von Abführ- oder Entwässerungsmitteln sowie Appetitzüglern wird das Gewicht drastisch verringert, wobei diese obsessive Gewichtskontrolle zur Sucht wird. Von Magersüchtigen weiß man, dass sie sich auch dann als zu dick wahrnehmen, wenn sie das Normalgewicht bereits deutlich unterschritten haben. Man spricht hierbei von einer Körperschemastörung: Die Betroffenen nehmen sich anders wahr, als sie sind, sie haben eine verzerrte Wahrnehmung von sich selbst. Medizinisch gesehen gilt dabei ein BMI unter 17,5 als Grenzmarke. Die Gedanken von Betroffenen kreisen bei der Magersucht charakteristischerweise unaufhörlich um die Themen Gewicht, Nahrung und Körper, obwohl sie gerade Essen und ihren Körper ablehnen. Das Selbstbewusstsein wird maßgeblich aus dem Umstand bezogen, das Körpergewicht unter Kontrolle halten zu können. Dies wird zum wichtigsten Lebensinhalt.

Was können die Gründe für Magersucht sein?

Doch wie kommt diese krankhafte Sucht, möglichst mager sein zu wollen, zustande? Die Wissenschaft geht derzeit aus einem Mix von verschiedenen Komponenten aus, die ursächlich sind. So wird allgemein angenommen, dass die Magersucht teilweise genetisch bedingt ist, teilweise familiär und teilweise kulturell. Betroffene haben häufig einen angeborenen Hang zu dieser Krankheit, wie verschiedene Zwillingsstudien gezeigt haben.

Familien, in denen keine Auseinandersetzungen stattfinden, die extremen Wert darauf legen, nach außen hin als harmonisch wahrgenommen zu werden, scheinen nach gegenwärtigem Forschungsstand ebenfalls ein Nährboden für diese Krankheit zu sein. Kulturell gesehen wird auch das gängige Schönheitsideal in westlichen Ländern, nämlich Schlankheit, als ein Faktor angesehen. Betroffene sind darüber hinaus oft dadurch gekennzeichnet, dass sie sehr perfektionistisch sind. Meistens handelt es sich um äußerst leistungsorientierte Menschen, wobei häufig auch Eltern und/oder andere Bezugspersonen Druck ausüben. Die Betroffenen sind in der Regel wenig selbstbewusst. Auch sexueller Missbrauch oder andere Traumata können ein Grund sein. Häufig ergeben sich individuell verschieden diverse Faktoren für die Entstehung der Magersucht.

Was sind die Folgen der Magersucht?

Drastische Zahlen: 15 Prozent aller Magersüchtigen sterben an ihrer Krankheit, womit die Anorexia nervosa die höchste Sterberate unter den psychischen Krankheiten verzeichnet. Doch auch wenn nicht der Tod eintritt, so kann die Magersucht vielfältige gesundheitliche Folgen haben: zum Beispiel Osteoporose, gefährliche Herzprobleme, Entwicklungsverzögerungen (in der Pubertät), Nierenversagen, niedrige Konzentration von Geschlechtshormonen, Magenkrämpfe und vieles mehr. Durch die Anorexia nervosa können dabei Gesundheitsschädigungen eintreten, die die Betroffenen häufig ein Leben lang begleiten. Auch aus diesem Grunde ist eine möglichst frühe Behandlung erstrebenswert.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

In der Regel muss die Anorexia nervosa langfristig therapiert werden, in den wenigsten Fällen führt eine kurzfristige Therapie zum Erfolg. Bei der Behandlung wird vor allem versucht, den Betroffenen zu einem gesunden Körpergefühl und zu einem gesunden Umgang mit der Nahrung zu verhelfen. Da häufig auch ungesunde Familienbeziehungen eine Rolle spielen, werden oft Familienmitglieder in die Therapie mit eingebunden. Man geht hierbei davon aus, dass nicht nur die oder der Betroffene einer Behandlung bedarf, sondern die gesamte Familie.

Zudem wird versucht, den Betroffenen Strategien zur Konfliktbewältigung zu vermitteln, damit sich Frust und Zorn nicht mehr gegen den eigenen Körper und die eigene Gesundheit richten, sondern die Betroffenen produktiv damit umgehen. Grundsätzlich ist dabei der Zugang zu den Betroffenen eher schwierig, weil bestimmte Verhaltensmuster nur sehr schwer zu korrigieren sind.

Bei der Magersucht handelt es sich also um eine sehr komplexe psychische Krankheit, wobei individuelle, familiäre und kulturelle Faktoren eine Rolle spielen können. Es handelt sich ferner um eine Krankheit, die um sich greift. Die Betroffenen lehnen sich, ihren Körper und Nahrung dabei kategorisch ab. Ihre oberste Priorität ist die Gewichtsabnahme und die Gewichtskontrolle.

Wenn bei einer Person gezieltes Vermeidungsverhalten bei der Ernährung beobachtet werden kann, sollten bei Umstehenden bereits die Alarmglocken klingeln, da eine möglichst frühe Therapie auch die bestmöglichen Erfolgsaussichten hat. Dies ist vor allem im Kontext der vielfältigen gesundheitlichen Problematiken zu sehen, die sich einstellen können und die bei 15 Prozent aller Betroffenen zum Tod führen. Zudem ist verstärkt Präventivarbeit zu leisten, um potenzielle Betroffene und ihre Angehörigen sehr früh zu erreichen.

Welche Kennzeichen und Alarmsignale der Anorexia nervosa gibt es?

Betroffene beginnen rapide abzunehmen, bezeichnen sich dennoch als „fett“, meiden Essen und treiben enorm viel Sport: Sind dies bereits Kennzeichen einer Magersucht oder handelt es sich nur um eine vorübergehende „Macke“, um eine einfache Diät? Wie kann man sich sicher sein, dass tatsächlich die heimtückische Anorexia nervosa im Spiel ist? In der Tat glaubt das nächste Umfeld bei einer beginnenden Magersucht lange, dass es sich nur um eine vorübergehende Marotte handelt, die sich wieder geben wird.

Nach dem Motto „damit kann er oder sie jederzeit wieder aufhören“ werden ernste Frühwarnzeichen häufig ignoriert. Dies liegt daran, dass es in der Tat auch schwierig ist, in der Frühphase der Anorexia nervosa die richtige Diagnose zu stellen, andererseits aber gerade eine baldige Behandlung sehr wichtig ist, um langfristige und gravierende Folgeschäden zu vermeiden. Obwohl die Diagnostizierung nicht einfach ist, gibt es dabei doch einige klare Anzeichen bei denen die Alarmglocken schrillen sollten.

Das sind die typischen Merkmale der Anorexia nervosa

Wie bei allen Essstörungen nimmt die Nahrungsaufnahme und das Gewicht bei den Betroffenen eine zentrale Stellung ein. Häufiges Wiegen, ausgiebiges Betrachten der Problemzonen im Spiegel und das eingehende Studieren der Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen nehmen großen Raum ein.

Magersüchtige wollen um jeden Preis ihr Gewicht senken und tun alles dafür. Sie sind sehr geschickt darin, sich vor dem Essen zu drücken und haben immer Ausreden parat. Essen sie doch einmal in Gesellschaft (was ebenfalls vermieden wird), dann nehmen sie nur kleinste Portionen zu sich, beispielsweise mit dem Hinweis: „Ich bin noch so satt vom Mittagessen.“

Das wenige Essen wird dann meist auf dem Teller hin und her geschoben und nur sehr langsam gegessen – bis jemandem am Tisch der Geduldsfaden reißt. Dabei wird nicht nur die Auswahl der Lebensmittel sorgsam getroffen, das Essen wird insgesamt ritualisiert und so können sich einzelne Mahlzeiten bis zu einer Stunde oder länger hinziehen.

Zudem sind Anorektiker sehr einfallsreich darin, ihre Umgebung zu täuschen und auszutricksen, wenn es darum geht, Essen zu vermeiden, und selbst das Fachpersonal in Kliniken steht hier häufig vor einem Problem. Auf der anderen Seite kochen Betroffene liebend gerne für andere, lesen mit Vorliebe Kochbücher oder schauen gerne Kochsendungen an – Hauptsache, sie müssen selbst nichts davon essen.

Mit fortschreitender Gewichtsabnahme stellen sich aufgrund der Mangelernährung depressive Symptome und eine ausgesprochene Reizbarkeit ein. Werden sie auf ihr Untergewicht angesprochen, leugnen die Betroffenen dies und halten sich selbst immer noch für zu „fett“. Gerade dies ist ein Hinweis auf ein gestörtes Körperschema, das typischerweise mit der Magersucht einhergeht. Eine verdüsterte Stimmung, Selbstmordgedanken und Veränderungen der charakteristischen Wesenszüge der betreffenden Person sind daher weitere Warnzeichen.

In der Tat verändern sich Magersüchtige von ihrem Charakter her, so wie jede Sucht das eigentliche Wesen des Abhängigen deformiert. Ansonsten ausgeglichene Naturen können unter dem Druck der Krankheit regelrecht aggressiv werden. Die schrittweise Veränderung des Charakters ist daher ein weiteres Kennzeichen der Magersucht.

Vorsicht ist auch angesagt, wenn

  • Abführmittel
  • Appetitzügler oder
  • Entwässerungstabletten

zum Einsatz kommen.

Damit versuchen anorektische Patienten die Gewichtsabnahme zu beschleunigen und fügen sich so noch weiteren Schaden zu. Zudem treiben die meisten Betroffenen bei minimalster Nahrungsaufnahme exzessiven Sport, um die wenigen Kalorien wieder zu verbrennen. Bei einem Teil der Erkrankten zeigen sich auch bulimische Symptome und sie erbrechen das Gegessene wieder. Mit Sport, Erbrechen und dem Einsatz von chemischen Mitteln versuchen Betroffene ihr Gewicht zusätzlich zu kontrollieren.

Zum Teil verlieren Anorektiker letztlich bis zu 50 Prozent ihres Körpergewichts. Im medizinischen Sinne spricht man de facto von Magersucht, wenn ein BMI von 17,5 unterschritten ist, doch dies ist natürlich ein Zeitpunkt, zu dem meist schon körperliche und psychische Schäden eingetreten sind.

Doch Magersüchtige sind nicht in der Lage, ihren wirklichen Zustand wahrzunehmen, weshalb ein kognitiver Zugang sehr schwierig ist. Sie leugnen ihr gefährliches Untergewicht weiterhin und versuchen mit allen Tricks, noch weiter abzunehmen, weil eine Gewichtszunahme für sie Horror ist. Gespräche über Mangelernährung und Untergewicht werden daher abgeblockt oder Betroffene ziehen sich ganz von Menschen zurück, die ihr Verhalten kritisieren oder auch nur thematisieren.

Ist also bei jemandem über längeren Zeitraum hin zu beobachten, dass er rapide an Gewicht verliert und unter allen Umständen Essen meidet, dann ist es Zeit, genauer hinzuschauen. Häufig wird man dabei feststellen, dass Körper, Gewicht und Nahrung bei den Betroffenen einen unverhältnismäßig wichtigen Stellenwert einnehmen und Magersüchtige alles versuchen, um abzunehmen. Radikale Nahrungsbeschränkung, exzessiver Sport, der Einsatz von chemischen Mitteln wie Appetitzüglern sowie die Leugnung des eigenen Untergewichts sind ernste Warnzeichen. Zudem setzen charakterliche Veränderungen ein.

Betroffene zeigen sich völlig uneinsichtig, was ihren Zustand angeht, und bezeichnen sich auch dann noch als zu dick, wenn sie bereits gefährliches Untergewicht haben. Da die Anorexia nervosa gravierende Folgeschäden nach sich ziehen kann – bis hin zum Tod – ist es daher angebracht, so früh wie möglich das Gespräch zu suchen, wenn man einen Verdacht hat, und eine Beratungsstelle aufzusuchen. In diesem Falle gilt die Devise, lieber zu früh als zu spät zu handeln.

Schönheitsideal und Anorexie

Es wird vielfach diskutiert, ob und inwiefern das heute in der westlichen Welt gängige Schönheitsideal, nämlich möglichst schlank zu sein, eine Komponente darstellt, warum immer mehr Mädchen und junge Frauen an Magersucht erkranken, wobei auch die Zahl der männlichen Betroffenen ansteigt. Besonders heftig wurde die Diskussion geführt, als ein lateinamerikanisches Mager-Model an ihrer Krankheit starb.

Dies warf ein ernüchterndes Licht auf die Traumwelt der Modeindustrie und sorgte weltweit für hitzige Debatten. Denn dieser Vorfall zeigte deutlich, was man inzwischen weiß: dass für die Erkrankung an Magersucht zwar mehrere Faktoren ausschlaggebend sind – auch genetische und psychosoziale – und die Anorexia nervosa nicht allein auf den Schlankheitswahn zurückgeführt werden kann, dass das gängige Schönheitsideal aber eine maßgebliche Rolle in diesem Prozess spielt. Dabei ist insgesamt festzustellen, dass das Äußere heute eine ungleich wichtigere Rolle spielt als noch vor einigen Jahrzehnten. In der westlichen Welt dominiert übermäßige Schlankheit als Ideal und dies hat Folgewirkungen für Gesellschaftsgruppen, die dafür vermehrt anfällig sind.

Das Geschäft mit dem Körperkult

Folgende Faktoren der boomenden Märkte vermitteln ein falsches Schönheitsideal:

  • Mode
  • Kosmetik
  • Werbung
  • Sport
  • Wellness
  • Schönheitschirurgie

Die Industrie bietet den Verbrauchern an, Wundermittel für die Schönheit zu erwerben, wobei der Körper und das Äußere ins Zentrum gerückt werden. Sehr deutlich sieht man dies anhand der Schönheitschirurgie, die einen stetig wachsenden Markt darstellt. Durch gezielte Werbung wird Verbrauchern heute transportiert, dass ein gutes Äußeres das Wichtigste überhaupt ist. Manche Soziologen sprechen diesbezüglich sogar von einem „medialen Druck als Form von Gewalt“.

Vor allem Frauen wurden dabei schon immer mehr an ihrem Aussehen gemessen als Männer und sind daher vorrangige Adressatinnen der Werbung. Fit, schlank und schön – das ist das Diktat, das vorgegeben wird, und das vor allem Mädchen und junge Frauen erreicht, die die klassische Risikogruppe für eine Erkrankung an Anorexia nervosa bilden. Sie sind vorrangig unter Druck, dem Schönheitsideal zu entsprechen, denn Übergewicht wird gesellschaftlich sanktioniert, von Hänseleien über Diskriminierung bis hin zum Mobbing.

Schlankheit und Schönheit hingegen werden mit Erfolg, Geld und Disziplin assoziiert und durch Anerkennung und Wertschätzung belohnt. Den tieferen Grund in Schönheitsidealen sehen Soziologen und Psychologen dabei in der Suche nach erfolgreicher Fortpflanzung. Eine attraktive Partnerin, die dem gängigen Schönheitsideal entspricht, wird daher eher in die enge Wahl gezogen als Frauen, die als unattraktiv gelten.

Medialer Druck

Schauspielerinnen, Models, Werbeikonen und Sängerinnen sind heutzutage durchweg ausgesprochen schlank. Sind sie es nicht, bedeutet dies meist einen Karriereknick. Vor allem junge Mädchen und Frauen befinden sich wiederum in einer Lebensphase, in der Idole gesucht werden, was die eigene Identitätsbildung erleichtern soll. Dementsprechend bleibt es nicht ohne Wirkung, dass Frauen in der Öffentlichkeit häufig ausnehmend gut aussehen. Diese Idole werden kopiert und ihnen wird nachgeeifert. Mädchen und junge Frauen bekommen dabei durch die Medien bestimmte Schönheitsmuster präsentiert und sind nicht zuletzt daher die anfälligste Gruppe für Magersucht.

Gerade in der empfindlichen Lebensphase zwischen 15 und 25 ist es entscheidend, an wem man sich orientiert. Sind dies übermäßig dünne Schauspielerinnen, Sängerinnen und Models, dann wird genau deren Aussehen häufig als Ideal wahrgenommen. Auf diese Weise kann der Anorexia nervosa der Boden geebnet werden. Den Medien kommt hierbei eine tragende Rolle zu, da sie das gängige Schönheitsideal Tag für Tag millionenfach verbreiten und so für eine Verankerung im Bewusstsein des Verbrauchers sorgen.

Schönheitsideal hinterfragen

Schlankheit ist heutzutage wichtig und vor allem jungen Adressatinnen wird vermittelt, wie wichtig es ist, dünn und gut aussehend zu sein. Insofern spielt das durch Medien transportierte gängige Schönheitsideal sehr wohl eine Rolle bei der Entwicklung einer Magersucht. Doch wie kann man diesen unguten Trend umkehren?

Geht das überhaupt? Die Zeitschrift „Brigitte“ hat sich aufgrund des Schlankheitswahns vor einiger Zeit entschieden, keine Models mehr zu engagieren, sondern nur mit „echten“ Frauen in den Fotoshootings zu arbeiten. Dies ist ein erster Schritt, gilt die „Brigitte“ doch als Mutter aller Frauenzeitschriften, doch genauso wichtig ist es, zu Hause und in den Schulen Präventionsarbeit zu betreiben und gemeinsam mit jungen Menschen das derzeit vorherrschende Schönheitsideal zu hinterfragen.

Statt ultradünnen Models nachzueifern, geht es dabei vor allem auch darum, dass vorzugsweise Mädchen und junge Frauen ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln und ihre eigene Wertigkeit nicht von einem medialen und gesellschaftlichen Diktat abhängig machen.

Das derzeit herrschende Schönheitsideal hat also durchaus Einfluss auf die Entwicklung einer Krankheit wie der Anorexia nervosa. Dieses Schönheitsideal wird vor allem medial vermittelt und fällt bei der sensiblen Altersgruppe zwischen 15 und 25 Jahren häufig genug auf fruchtbaren Boden, weil es sich hierbei um eine Lebensphase handelt, in der der Prozess der Identitätsbildung vonstattengeht.

Nicht umsonst handelt es sich bei den Mädchen und jungen Frauen um die Hauptrisikogruppe für die Entwicklung einer Magersucht, zumal sie auch stärker als Männer und Jungen dem Druck unterworfen sind, gut aussehen zu müssen. Präventionsarbeit muss daher genau hier ansetzen und potenziellen Betroffenen eine Alternative zu Size Zero anbieten. Denn was Schönheit ist, das ist letztlich auch eine sehr individuelle Frage, die sicher nicht mit genormten 0-Größen beantwortet werden kann.

Welche Anorexie Risikogruppen gibt es?

Seit den 1970er-Jahren steigt die Zahl der an Magersucht Erkrankten kontinuierlich an, wobei manche Experten einwenden, dass dies auch darin begründet sein könnte, dass das gesellschaftliche Augenmerk mehr auf der Anorexia nervosa liegt als früher und diese Krankheit deswegen häufiger erkannt und diagnostiziert wird.

Wer läuft eher Gefahr, an Magersucht zu erkranken?

Dabei ist deutlich festzustellen, dass die Magersucht in bestimmten Personenkreisen öfter zu finden ist als in anderen. Mittlerweile hat man gewisse Risikogruppen ausgemacht. Dabei ist zu vermerken, dass diese Risikogruppen recht beschränkt sind, es handelt sich bei der Magersucht um kein Massenphänomen. Doch wer ist besonders gefährdet? Wo sind die sensiblen Punkte?

Persönlichkeitsprofil Betroffener

Gefährdete Altersgruppen

Obwohl die Anorexia nervosa grundsätzlich bei beiden Geschlechtern und in allen Altersgruppen anzutreffen ist, so gelten doch Mädchen und junge Frauen zwischen 15 und 25 aus der Mittel- und Oberschicht als besonders gefährdet. Nur fünf Prozent der Betroffenen sind Männer. In der Altersgruppe der Frauen zwischen 15 und 25 sind die meisten Magersüchtigen zu finden, statistisch gesehen erkrankt dabei ein Prozent der jungen Mädchen und jungen Frauen in ihrem Leben an Anorexia nervosa.

Diese Zahlen gelten mittlerweile als wissenschaftlich erwiesen. Dabei scheinen vor allem der Zeitpunkt um das 14. Lebensjahr und der Zeitpunkt um den 18. Geburtstag herum besonders kritisch zu sein. In diesen Phasen bricht die Krankheit bevorzugt aus. Hierbei ist aber auch zu vermerken, dass sich die Anorexia nervosa auch dann häufig Bahn bricht, wenn die Eltern selbst ein abnormes Essverhalten zeigen.

Psychologisches Profil

Festgestellt wurde auch, dass viele Betroffene bestimmte Wesenszüge gemeinsam haben. Die Charakteristiken ähneln sich häufig. So handelt es sich bei den Erkrankten meist um überdurchschnittlich intelligente, aber auch sehr sensible Personen, die unter Selbstunsicherheit und Orientierungslosigkeit leiden. Insbesondere die Veränderungen, die sich in der Pubertät ergeben, werden als bedrohlich empfunden.

Dies wird oft mit übertriebenem Leistungswillen kompensiert, so dass sich Außenstehende manchmal nur wundern können, was manche Betroffene trotz ihres schlechten Zustandes alles zuwege bringen. Häufig ist das Gefühl der Wertlosigkeit, das mit Leistung ausgeglichen werden soll, verknüpft mit einer Sozialphobie. Betroffene wollen auf keinen Fall negativ auffallen, sind oft sozial isoliert und fürchten ein abwertendes Urteil durch andere. Sie haben eine Tendenz zur Schadensvermeidung und einen Hang zum Perfektionismus.

Genauso wie sie sich den „perfekten“ Körper wünschen, so wollen sie auch in Schule, Freizeit und Beruf perfekt sein. Sie trainieren bis zur Erschöpfung, bringen Bestnoten nach Hause, sind angepasst und „brav“, wobei gut niemals gut genug ist – bis der Zusammenbruch kommt. Dabei ist die Krankheitseinsicht bei den meisten Betroffenen nicht oder kaum vorhanden und sie empfinden es als eine ungerechte Bevormundung, wenn sie sich in Behandlung begeben sollen.

Daher versuchen sie in der Regel auch medizinisches Personal genauso wie ihre Umwelt zu Hause auszutricksen, um noch weiter abnehmen zu können. Sie haben oft ein ganz erstaunliches Beharrungsvermögen, was durch die Erkrankung aber zu ihren Lasten geht. Sie sind fest davon überzeugt, „zu fett“ zu sein, und tun alles, um diesen vermeintlichen Zustand zu ändern. Häufig berichten Eltern dabei, dass Betroffene meist schon in der Kindheit, um jeden Preis ihren Willen durchzusetzen suchten und ungeheuer dickköpfig waren. Genau dieser Umstand macht die Behandlung der Anorexia nervosa aber so schwer, weil Betroffenen kaum zu vermitteln ist, warum sie sich ärztlicher Behandlung unterziehen sollen.

Gefährdete Berufsgruppen

Dabei laufen auch Vertreter bestimmter Berufsgruppen vermehrt Gefahr, an Anorexia nervosa zu erkranken. Dies betrifft vor allem Berufe, in denen der Körper und das Körperbild eine ungleich größere Rolle spielt. So hat man festgestellt, dass

  • Tänzer(innen)
  • Turner(innen)
  • Leistungssportler im Allgemeinen
  • Models

besonders gefährdet sind.

Nicht umsonst machte kürzlich die Schlagzeile die Runde um die Welt, dass sich ein Model zu Tode gehungert hat, was eine neue Diskussion um die „Magermodels“ auslöste. Unter den Spitzensportlern ist Sven Hannawald wohl der bekannteste Betroffene, der – um bessere sportliche Leistung zu erbringen – an Magersucht erkrankte. Viele andere Sportler verfallen ebenfalls der Anorexia nervosa, weil sie mehr erreichen wollen. Bei den genannten Berufsgruppen ist Schlankheit enorm wichtig, weil davon zum einen die Leistung abhängt, zum anderen in diesen Berufsfeldern der optische Eindruck ungleich wichtiger ist.

Man kann daher durchaus potenzielle Risikogruppen für Anorexie-Erkrankungen ausmachen. Überdurchschnittlich oft sind Mädchen und junge Frauen betroffen, hier beträgt die Rate statistisch gesehen etwa ein Prozent. Die Betroffenen haben zumeist auch bestimmte Charakteristiken gemeinsam wie überdurchschnittliche Intelligenz, soziale Isolation, Perfektionismus und Beharrungsvermögen.

Zudem ist die Krankheitseinsicht häufig kaum oder gar nicht vorhanden und Betroffene versuchen gegen alle Widerstände alles, um weiter abzunehmen, weil sie ja vermeintlich „zu fett“ sind. Auch hat man mittlerweile festgestellt, dass bestimmte Berufsgruppen gefährdeter sind als andere. Alle Berufe, in denen der Körper eine maßgebliche Rolle spielt (zum Beispiel Models, Spitzensportler), sind häufig eine Gefahrenquelle, wie prominente Beispiele belegen. Daher kann man durchaus sagen, dass die meisten Magersüchtigen ein bestimmtes Profil haben, das sie von anderen unterscheidet und für die Krankheit anfälliger macht.

Was sind die Anzeichen der Magersucht bzw. Anorexie

Wie kann man sie frühzeitig verhindern?

Die Magersucht ist eine sehr komplexe Erkrankung mit einem vielschichtigen Ursachengeflecht. Haben sich Betroffene bereits auf 30 Kilogramm herunter gehungert – was keine Seltenheit darstellt – dann ist es offensichtlich, dass die Anorexia nervosa der Grund hierfür ist. Doch in der Anfangsphase ist es häufig schwer zu entscheiden, ob es sich nur um eine vorübergehende „Macke“, einen „Diätfimmel“ handelt oder ob die ernste Magersucht-Erkrankung vorliegt. Macht die oder der Betreffende nur eine übertriebene Diät, die wieder vorübergeht, oder ist er oder sie bereits erkrankt? Legt sich der Schlankheitsfimmel wieder oder ist es bereits Zeit zu handeln?

Solche Fragen quälen Umstehende, wenn sie sehen, dass jemand systematisch Nahrung verweigert, zudem exzessiv Sport betreibt und immer eine Ausrede hat, um nicht essen zu müssen. Daher ist die Frage nach den ersten Symptomen und Anzeichen der Magersucht sehr berechtigt, weil es allgemein bekannt ist, dass eine Behandlung möglichst früh einsetzen sollte, um spätere Langzeitschäden zu vermeiden. Und nicht zuletzt ist es auch eine traurige Tatsache, dass etwa 15 Prozent der Betroffenen immer noch an ihrer Krankheit sterben. Dies kann oft verhindert werden, wenn man frühzeitig eingreift.

Welche Frühwarnzeichen der Anorexia nervosa gibt es?

Obwohl sich insbesondere Laien schwer tun, die Magersucht von einer momentanen Disposition zu unterscheiden, so gibt es doch einige stichhaltige Kriterien, die anzeigen, wann man es tatsächlich mit der Anorexia nervosa zu tun hat.
Typisch für die Anorexia nervosa ist es, dass Betroffene nur kleinste Kalorienmengen zu sich nehmen und vor allem hochkalorische Lebensmittel vermeiden. Stellt man fest, dass jemand stets eine Ausrede hat, um nicht essen zu müssen („Ich habe schon gegessen, ich bin immer noch satt“), demnach also ein eindeutiges Vermeidungsverhalten an den Tag legt, dann sollten bereits die Alarmglocken klingeln.

Steht ein großes Essen an, dann haben sie keine Zeit, bei den normalen Mahlzeiten lassen sie verlautbaren, noch immer satt zu sein. Die Kalorienmenge wird außerdem auf ein Minimum beschränkt und kann beispielsweise aus zwei Karotten und einem Apfel täglich bestehen. Sowohl die systematischen Tricksereien, um Nahrungsaufnahme zu vermeiden, als auch die drastische Reduktion der Nahrung sind Hinweise auf eine sich anbahnende Erkrankung. Wenn es grundsätzlich Ausreden gibt, um nicht essen zu müssen, dann ist dies ein ernster Hinweis.

Paart sich die Essensverweigerung noch mit exzessivem Sport, dann liegt noch ein weiterer Grund zur Besorgnis vor. Auffällig bei den meisten Erkrankten ist auch, dass sie ihren Körper und Nahrung im Allgemeinen zwar ablehnen, die Gedanken aber unaufhörlich ums Essen kreisen.

So bereiten Magersüchtige mit Vorliebe Essen für andere zu – nehmen selbst aber nichts davon. Alarmierend ist es auch, wenn vor allem junge Mädchen ständig betonen, dass sie „zu dick“ sind, obwohl sie von Übergewicht meilenweit entfernt sind. Dies bedeutet, dass sie sich bereits nicht mehr realistisch wahrnehmen können und ein verzerrtes Körperschema haben. Auch ständiges Wiegen, womöglich mehrmals am Tag, ist ein Anzeichen, dass sich Betroffene mehr und mehr um das Thema Gewicht drehen und ihr Selbstbewusstsein davon abhängig machen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass Erkrankte zum Teil ein unglaubliches Pensum an Leistung in Schule und Freizeit erbringen, obwohl sie so wenig essen und das Wenige noch durch Sport verbrennen. Diese ungeheuren Leistungen, die Betroffene stemmen können, können ebenfalls als typisch gelten. Auch dies ist also ein Maßstab, um die Anorexia nervosa zu erkennen.

Meist treten diese Symptome kombiniert auf. Bemerkt man also ein oder mehrere der genannten Anzeichen, dann ist es Zeit zu handeln.

Was kann man tun, wenn man eine Erkrankung vermutet?

Vermutet man eine anorektische Erkrankung, ist es wichtig, gezielt mit den Betroffenen das Gespräch zu suchen. Dabei sollte zum einen versucht werden herauszufinden, was der Grund für das Verhalten ist (möglicherweise ein Trauma? Oder Überforderung?), aber man sollte auch deutlich aufzeigen, wohin diese Erkrankung führen kann. Das Internet kann hier dienlich sein, wo es erschreckende Bilder von Magersüchtigen zu sehen gibt.

Dabei kann man sicher sein, dass diese schockierenden Bilder nicht das sind, was Betroffene eigentlich wollen. Sie wollen – aus ihrer Perspektive – lediglich schlank und schön sein. Beim Gespräch sollte man die Karten dennoch klar auf den Tisch legen und darauf verweisen, was geschehen kann.

Wichtig ist es für Umstehende und nahe Angehörige, sich rechtzeitig professionellen Rat zu holen. Häufig ist man mit der Situation überfordert, weil sich Betroffene – auf ihre Erkrankung angesprochen – oft aggressiv zeigen und den Verdacht weit von sich weisen. Frühe professionelle Hilfe kann ein Abgleiten in die Krankheit aber verhindern. Die Fachfrau oder der Fachmann sollte zumindest ein Gespräch mit dem oder der Betroffenen führen, um einen möglichen Verdacht erhärten zu können.

Frühzeitig eingreifen

Es ist elementar wichtig, bei der Anorexia nervosa frühzeitig einzugreifen und Verdachtsmomenten nachzugehen. Dies sollte möglichst schon dann geschehen, bevor sich die Krankheit verselbständigt. Dabei sind auch die Langzeitschäden zu berücksichtigen, die – ist die Krankheit fortgeschritten – oftmals irreparabel sind. Deshalb sollte man mögliche Vermutungen sehr ernst nehmen.

Was können Ursachen der Anorexie (Magersucht) sein?

Das multiple Ursachengeflecht macht es schwer, die Anorexia nervosa erfolgreich zu behandeln und ist auch der Grund dafür, warum immer noch circa 15 Prozent der Betroffenen an dieser Krankheit sterben. Grundsätzlich macht die Forschung in der Zwischenzeit eine Kombination aus mehreren Faktoren für die Magersucht verantwortlich: genetische Disposition, familiäre Hintergründe, auch Traumata oder schockierende Erlebnisse sowie sozio-kulturelle Gegebenheiten.

Das Ineinandergreifen dieser Faktoren sowie deren Komplexität machen in der Regel eine längerfristige Therapie notwendig, um die Anorexia nervosa erfolgreich zu behandeln. In jedem Fall ist es erforderlich, die individuelle Not des Einzelnen in den Blick zu nehmen, weil die verschiedenen Ursachen je nach Person unterschiedlich gewichtet werden müssen.

Genetische Disposition

Anhand von Zwillingsstudien hat man festgestellt, dass der Anorexia nervosa wohl tatsächlich auch eine genetische Disposition zugrunde liegt. Ist ein Zwilling betroffen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch der andere Zwilling erkrankt, überproportional an. Welche Gene hingegen die Krankheit begünstigen, das steht noch nicht fest. Man geht auch davon aus, dass die genetische Disposition mit familiären und kulturellen Hintergründen bzw. mit Traumata interagiert und erst durch ein Ursachengeflecht die Krankheit zum Ausbruch kommt.

Die Anorexia nervosa ist aber – darin herrscht in der Medizin mittlerweile Einigkeit – eine seelisch bedingte Essstörung, die entsprechend behandelt werden muss. Die Essstörung und die Sucht nach Gewichtskontrolle manifestieren sich dabei vorwiegend in einem gestörten Körperschema, d.h. Betroffene nehmen sich auch dann als dick war, wenn sie es gar nicht sind. Die Therapie dieser Krankheit konzentriert sich deswegen unter anderem darauf, dass die Betroffenen wieder lernen, sich der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen und ein gesundes Selbstbild aufzubauen.

Familiäre und soziale Ursachen

Man hat festgestellt, dass Magersüchtige häufig aus Familien stammen, in denen viel Wert darauf gelegt wird, dass der „Schein“ nach außen hin stimmt. Probleme werden meist unter den Teppich gekehrt und es herrscht eine vordergründige (und falsche) Harmonie, die tatsächlich krank machen kann, weil Wesentliches ungesagt bleibt und das konstruktive Austragen von Konflikten für die seelische Gesundheit elementar ist. Demzufolge werden bei der Therapie der Anorexia nervosa in der Regel die nächsten Familienmitglieder einbezogen. Man geht davon aus, dass nicht nur die Erkrankten selbst therapiebedürftig sind, sondern auch ihr näheres Umfeld. Zudem wurde festgestellt, dass die Rückkehr von Genesenden in ein krankes Milieu einen Rückfall begünstigt. Häufig müssen die nächsten Familienmitglieder daher lernen, offen miteinander umzugehen und Konflikte offen auszutragen.

Meist stehen Betroffene auch sehr unter Druck, permanent Leistung bringen zu müssen. Auch hier spielt oftmals die Familie eine Rolle, in der nur das Beste zählt. Das Hinterfragen des Leistungsdenkens des Betroffenen und auch der Familie ist häufig ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Menschen, die an Magersucht erkranken, sind oft sehr perfektionistisch, was wiederum seinen Hintergrund in Erziehung und Gesellschaft hat.

Kulturelle Faktoren

Es ist allgemein bekannt, dass Schlankheit ein wesentliches Schönheitsideal in den westlichen Ländern ist. Die Models, die Designerkleider vorführen, sind extrem dünn, auch Schauspielerinnen und Sängerinnen verkörpern dieses Schönheitsideal. Betrachtet man die Entwicklung der Konfektionsgrößen, so ist auch deutlich, dass der Trend hin zu XS-Größen geht. Diese kulturellen Faktoren prägen vor allem Mädchen in der Pubertät, die auch immer noch die Hauptgruppe der von Anorexia nervosa Betroffenen stellen, auch wenn mittlerweile festzustellen ist, dass auch Jungen und junge Männer sowie ältere Frauen davon in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Bedürfnis, schlank zu sein – und somit auch schön zu sein – ist tief verankert in der westlichen Kultur, woran auch einzelne Ausnahmen wie zum Beispiel die neue Kampagne der „Brigitte“ nichts wesentlich ändern können. Vor allem junge Mädchen werden mit überschlanken Vorbildern konfrontiert und verinnerlichen dieses Schönheitskonzept als erstrebenswert.

Traumata

Für den Ausbruch von Anorexia nervosa spielen häufig auch Traumata eine Rolle, wie das individuelle Profil vieler Betroffener zeigt. Ein solches Trauma kann beispielsweise in sexuellem Missbrauch begründet sein. Sexuelle Übergriffe haben beim Opfer in aller Regel die Folge, dass sie sich und ihren Körper als schmutzig bzw. beschmutzt wahrnehmen. Extremes Hungern und exzessiver Sport sind in diesem Rahmen als autoaggressive Handlungen zu sehen mit denen Betroffene versuchen, ein schlimmes Erlebnis zu kompensieren.

Das generelle Profil der von Anorexia nervosa Betroffenen zeigt in den meisten Fällen eine Mischung aus verschiedenen Ursachen. Mit dem gegenwärtig herrschenden Schlankheitsideal werden alle konfrontiert, aber nicht alle erkranken an Magersucht. Das heißt, dass es auch spezifische individuelle Faktoren wie zum Beispiel eine genetische Disposition geben muss. Zudem spielt das familiäre Umfeld bei den meisten Betroffenen eine große Rolle. Viele rutschen auch durch ein schockierendes Erlebnis wie einen sexuellen Übergriff in die Magersucht, weil sie ihren Körper als Reaktion als schmutzig ablehnen.
Diesen multiplen Ursachen muss eine Behandlung gegenüberstehen, die alle Faktoren beleuchtet. Nur wenn man dem Einzelnen gerecht wird und dessen spezifische Disposition in den Blick nimmt, kann eine solche Behandlung erfolgreich sein. Vor allem im Rahmen von Psychotherapie kann man versuchen, die individuellen Rahmenbedingungen herauszufinden, um so den Betroffenen möglichst helfen zu können.

Äußere Einflüsse bei der Entstehung von Magersucht

Mittlerweile geht man davon aus, dass die Anorexia nervosa auch genetische Ursachen hat. Betroffene sind häufig von Natur aus anfälliger, was diese Krankheit angeht, und Verwandte ersten Grades haben, wie man festgestellt hat, ein achtmal erhöhtes Risiko, ebenfalls an Magersucht zu erkranken.

Doch die Anorexia nervosa hat meist vielschichtige Ursachen und sozio-kulturelle Faktoren sind ebenfalls ausschlaggebend für eine Erkrankung. Dabei weiß man, dass das gängige Schönheitsideal – so dünn wie möglich, nur dünn ist schön und erfolgreich – einen unguten Einfluss ausübt und mit dafür verantwortlich ist, dass die Zahl der Neuerkrankungen kontinuierlich steigt. Doch welche Ursachen gibt es noch?

Familienprofil

Statistiken zeigen, dass Magersüchtige häufig aus der Mittel- oder Oberschicht stammen und meist aus Familien, die als vorbildlich gelten. Die Familien werden als tüchtig, ordentlich und unauffällig angesehen.

Auf keinen Fall hin will man nach außen auffallen oder etwas von privaten Problemen durchsickern lassen. Betroffene, die aus solchen Familien stammen, sind in der Kinder- und Jugendzeit häufig sozial sehr angepasst und erbringen gute schulische und sportliche Leistungen.

Sie sind „brav“. Innerhalb der Familien ist das Harmoniestreben elementar, Konflikte werden nicht offen ausgetragen, stattdessen hat „alles zu stimmen“.

Gefühle wie Ärger, Wut, Hass oder Neid haben keinen Platz.

Unterschwellig zersetzen sie aber das Innere der Betroffenen. Die Bindungen innerhalb der Familie sind dabei oft sehr eng und diejenigen, die an Magersucht erkranken, haben häufig keine Möglichkeit ihre Individualität auszuleben oder sich abzunabeln. Man spricht dabei von sogenannten „Bindungsfamilien“.

Ein solches oder ein ähnliches Profil zeigen viele Familien auf, aus denen an Anorexia nervosa Erkrankte stammen. Die heile Welt darf keineswegs in Frage gestellt werden, denn was sollen die Nachbarn denken? Die Magersucht ist daher häufig ein mehr oder weniger bewusster Ausbruchsversuch aus dieser verlogenen Idylle. Dies ist auch der Grund, warum bei der Therapie die engsten Familienmitglieder mit einbezogen werden.

Konflikte innerhalb der Familie

Scheidungen, Auseinandersetzungen und dergleichen sind häufig ebenfalls ein Faktor, warum eine Magersucht ausbricht. Die Anorexia nervosa ist insofern auch als eine Antwort auf mögliche Verlustängste zu sehen. Manche Psychologen gehen sogar soweit, dass sie behaupten, die Erkrankung an Magersucht sei ein Hilferuf und ein Versuch, die Familie wieder zu kitten.

Auf jeden Fall kann man beim Vergleich der Statistiken feststellen, dass genauso wie bei überharmonischen Familien auch massive Konflikte innerhalb der Familie ein Grund sein können, warum die Anorexia nervosa ausbricht. Ein unguter sozialer Hintergrund kann die Magersucht genauso begünstigen wie eine extreme Familienidylle, in der kein Platz für individuelle Entfaltung ist.

Sexueller Missbrauch

Im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen haben Magersüchtige überdurchschnittlich oft sexuelle Übergriffe erlebt. Vor allem in der Pubertät sind junge Frauen häufig mit der geschlechtlichen Entwicklung überfordert. Werden sie in irgendeiner Form noch sexuell belästigt, so hinterlässt dies umso tiefere Wunden und führt zur Ablehnung des eigenen Körpers. Das Hungern ist insofern als ein Versuch zu sehen, das Weibliche zu verdrängen und für den Täter nicht mehr attraktiv zu sein.

Die Magersucht ist damit eine Reaktion auf ein Trauma und der Versuch, das Geschehene zu kompensieren. Dabei sind die Täter in der Regel nicht bei Außenstehenden zu suchen, sondern innerhalb der Familie. So kann es sein, dass der Vater an der geschlechtlichen Entwicklung seiner Tochter leicht Gefallen findet und diese ablehnend reagiert, indem sie sich im wahrsten Sinne des Wortes „dünne macht“. Ein möglicher Schutz vor sexuellem Missbrauch ist ein starkes Selbstbewusstsein. So zeigen Statistiken, dass bevorzugt Kinder und Jugendliche belästigt werden, die nur ein schwaches Selbstbewusstsein haben.

Persönliche oder berufliche Fehlschläge

Persönliche oder berufliche Fehlschläge muss jeder hin und wieder einstecken. Doch aufgrund des gängigen Schönheitsideals, dass da besagt, nur dünn ist schön, beziehen insbesondere viele Frauen eine Niederlage darauf, dass sie scheinbar zu dick sind. „Wenn ich dünner wäre, hätte ich mehr Erfolg …“ – ein gefährlicher Rückschluss, denn er reduziert die Betreffenden auf das Körperliche. Persönliche, schulische oder berufliche Fehlschläge verbinden vor allem Frauen oft mit ihrer Figur. So kann eine private oder berufliche Niederlage zunächst in einer Diät münden, die dann zur Einstiegsdroge wird. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass das vorherrschende Schönheitsideal eine fatale Wirkung haben kann.

Diskriminierung und Beleidigungen

Magersüchtige sind oftmals zu Beginn ihrer Sucht etwas pummelig oder leicht übergewichtig und müssen deswegen spitze Bemerkungen oder Diskriminierung aushalten. Dieses verletzende Verhalten anderer mündet häufig in einer Diät, um sich weniger angreifbar zu machen, wobei die Diät eine ungute Eigendynamik entwickeln kann. Die seelischen Verletzungen, die aus Diskriminierung und Beleidigungen wegen des Gewichts resultieren, sind oftmals der „Motor“ für eine Magersucht.

Es kann also einige Gründe für die Entwicklung einer Magersucht geben. Überperfekte Familien, in denen kein Raum für Abnabelung und Individualismus ist, familiäre Konflikte wie Scheidungen, sexueller Missbrauch, persönliche und berufliche Fehlschläge sowie Diskriminierung und Beleidigungen können den Nährboden für die Anorexia nervosa bilden. Meist findet sich bei den Ursachen eine Kombination mehrerer Faktoren. Die Magersucht kann als Versuch gesehen werden, aus unguten Verhältnissen auszubrechen und einem übertriebenen Schönheitsideal, das mehr Erfolg und Akzeptanz verspricht, zu entsprechen.

Wie kann ich Anorexie vorbeugen?

Kann man Magersucht vorbeugen? Und wenn ja, wie? In der Tat ist es schwierig, Präventionsmaßnahmen gegen die Anorexia nervosa zu treffen, weil die Gründe für eine solche Erkrankung in der Regel sehr vielschichtig sind. Meist handelt es sich um einen ganzen Komplex von Faktoren, die diese Krankheit begünstigen und dementsprechend ist es nicht einfach, wirksame Maßnahmen gegen die Magersucht zu treffen. Es gibt jedoch einige Punkte, die man beachten sollte, wenn man der Anorexia nervosa zumindest keinen Vorschub leisten will.

Umfang mit Essen und Mahlzeiten

Hier kann man bereits im Kindesalter positive Weichen stellen. Gemeinsames Essen sollte für alle Beteiligten möglichst angenehm und harmonisch sein, sodass sich positive Gefühle damit verbinden. Keinesfalls sollte man ein Kind zwingen zu essen, Nahrungsaufnahme wird ansonsten automatisch negativ besetzt. Auch abfällige Bemerkungen über Körperformen sollte man tunlichst unterlassen. Zeigt ein Kind eine ungute Gewichtszunahme oder -abnahme, dann sollte dies offen ohne spitze Bemerkungen angesprochen werden. Gemeinsam kann man eine Lösung erarbeiten, ohne Kränkungen und Verletzungen.

Akzeptanz des Kindes bzw. des Teenagers

Kinder und Teenager sollten sich – so abgedroschen das klingen mag – angenommen und akzeptiert fühlen. Es ist wichtig, Respekt vor der Persönlichkeit des jungen Menschen zu zeigen und vor allem das offene Gespräch zu pflegen. Ablehnung im Kindes- und Jugendalter kann, unter Umständen, zur Magersucht führen. Eine offene Atmosphäre hingegen begünstigt, dass Probleme ausgetauscht werden und sich potenziell Gefährdete nicht in eine Magersucht „flüchten“. Es gilt, das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen zu stärken, weil dies in der Regel bei Magersüchtigen ein wunder Punkt ist. Magersüchtige versuchen oftmals, durch ihr Hungern, ihr mangelndes Selbstwertgefühl auszugleichen.

Hinterfragen von Medien und Schönheitsideal

Medien transportieren jeden Tag millionenfach ein bestimmtes Schönheitsideal. Topmodels, Schauspielerinnen, Sängerinnen und Werbeikonen vermitteln: Nur wer dünn ist, der kann auch schön sein. Im Rahmen des Unterrichts oder im Rahmen von Projektwochen sowie zu Hause gilt es, sich kritisch mit diesem Schönheitsideal auseinanderzusetzen und Kinder und Jugendlichen auch die Wahrheiten hinter der schönen Fassade zu zeigen.

Statistiken, einschlägige Erfahrungsberichte, usw., können helfen, eine alternative Sicht auf den Size-Zero-Trend zu entwickeln. Hierbei gibt es auch Reportagen und Fotostrecken von Magersüchtigen, die sich selbst zur Verfügung gestellt haben, um zu zeigen, wohin diese Krankheit führen kann. Dabei handelt es sich um grauenhafte Bilder. Auch gibt es zahlreiche Erlebnisberichte in Buchform, die von Betroffenen geschrieben wurden und die durch ihre Authentizität Zugang zu jungen Menschen finden können, die möglicherweise gefährdet sind.

Erste Alarmsignale beachten

  • Ist bereits eine rapide Gewichtsabnahme zu verzeichnen?
  • Sind Abführmittel und Appetitzügler mit im Spiel?

Dann sollte man die Karten beizeiten offen auf den Tisch legen und das Gespräch suchen. Es sollte in diesem Rahmen wohlweislich nicht darum gehen, den Betroffenen anzuklagen, sondern es geht darum zu ergründen, was in ihm vorgeht. Dabei kann man aber durchaus die Risiken aufzeigen und vielleicht mithilfe von Videos oder Fernsehdokumentationen über das Thema diskutieren.

Wichtig ist eine liebevolle Atmosphäre. Jugendliche sollten wissen, dass sie eine Anlaufstelle haben und dass ihnen jemand zur Seite steht. Zum Essen zwingen bringt in aller Regel überhaupt nichts, dies ist vielmehr kontraproduktiv. Beizeiten einzugreifen kann aber unter Umständen Leben retten und es ist bei der Anorexia nervosa – wie bei vielen anderen Krankheiten auch – erwiesen, dass ein früher Behandlungsbeginn die besten Erfolgsaussichten hat. Daher sollte man ein problematisches Verhalten, das länger andauert, nicht ignorieren und als Marotte abtun.

Es ist also einerseits kompliziert, den Anfängen einer Magersucht zu wehren, andererseits kann man aber als Erzieher oder Eltern durchaus auch positive Weichen stellen, damit sich die Anorexia nervosa möglichst nicht Bahn bricht. Dazu gehört Aufklärungsarbeit in den Schulen und zu Hause, wobei eine kritische Auseinandersetzung mit dem Medien und dem transportierten Schönheitsideal angezeigt ist. Ist der Trend hin zu Size Zero wirklich noch schön, wenn man die ausgemergelten und völlig ausgezehrten Körper von Magersüchtigen sieht, die sich auf 30 Kilogramm oder noch weniger herunter gehungert haben?

Zudem ist es ebenfalls ein Schutz, wenn Kindern und Jugendlichen Respekt und Verständnis entgegengebracht wird. Verständnis für ihre Sorgen und Nöte, eine offene Atmosphäre und liebevolle Anteilnahme sind die beste Basis. Selbstbewusste Kinder und Jugendliche erkranken weitaus seltener an Magersucht als unsichere Charaktere. Insbesondere sollten dabei abfällige Bemerkungen über Körperformen vermieden werden – dies ist oftmals ein Anlass für eine Diät und eine Diät kann förmlich als Einstiegsdroge in die Magersucht fungieren.

Außerdem sollte man Frühwarnzeichen nicht übersehen.

Indikatoren für Essstörungen:

  • schnelle Gewichtsabnahme
  • Vermeidungsverhalten beim Essen
  • der Einsatz von Appetitzüglern
  • exzessiver Sport

Dann ist beizeiten das offene Gespräch, allerdings ohne Anklagen, zu suchen.

Wichtig ist es steht, den Betroffenen zu vermitteln, dass man gemeinsam handelt und nicht gegen sie. Zwang, Drohungen und Sanktionen sind nicht der richtige Weg, um der Anorexia nervosa beizukommen, vielmehr geht es um Respekt und gegenseitiges Verständnis. Dies bedeutet allerdings nicht, dass man nicht auch klar aufzeigen sollte, wohin der Weg der Magersucht führen kann.

Welche Behandlung und Therapiemöglichkeiten gibt es bei Anorexie?

Die Magersucht ist eine besonders tückische Krankheit, weil Betroffene oft selbst nicht wahrnehmen, in welchem Zustand sie sich befinden. Die mangelnde Krankheitseinsicht ist daher ein grundlegendes Problem. Sowohl die Betroffenen als auch das Umfeld negieren häufig sehr lange, dass es sich um eine ernste Krankheit handelt. Vielmehr geht man davon aus, dass sich das außergewöhnliche Verhalten „schon geben“ wird.

Grundsätzlich gilt aber, dass eine Anorexia nervosa so früh wie möglich behandelt werden sollte, um zu vermeiden, dass eine Chronifizierung eintritt bzw. dass sich Langzeitschäden einstellen. Statistisch gesehen sterben bis zu 20 Prozent der Erkrankten, wenn keine langfristige fachmännische Behandlung stattfindet. Dabei verfolgt eine Behandlung insgesamt drei Ziele: eine Normalisierung des Körpergewichts (BMI darf nicht unter 17,5 liegen), eine Normalisierung des Essverhaltens und selbstverständlich die Klärung der psychischen Faktoren, die dafür maßgeblich waren, dass Betroffene an Magersucht erkrankt sind. Dabei können auch Medikamente hilfreich sein, um eine Stabilisierung zu unterstützen.

Normalisierung des Körpergewichts

Erfahrungswerte zeigen, dass eine psychotherapeutische Behandlung der Anorexia nervosa nicht erfolgreich sein, solange sich das Körpergewicht nicht einigermaßen stabilisiert hat. Extremes Untergewicht zieht auch eine sehr negative psychische Disposition nach sich, wobei sich dieser Zustand bessert, wenn Patienten wieder zunehmen. Daher verfolgt man bei der Therapie zunächst das Ziel eines konsequenten Nahrungsaufbaus.

Unter Umständen kann dies – bei lebensbedrohlicher Lage und mangelnder Krankheitseinsicht – auch zwangsweise erfolgen, zum Beispiel per Magensonde. Doch dies ist das letzte Mittel der Wahl und wird nur in sehr kritischen Fällen eingesetzt. Sind Betroffene in der Lage, feste Nahrung aufzunehmen, dann lautet die Faustregel, dass täglich drei Hauptmahlzeiten sowie einige Zwischenmahlzeiten eingenommen werden sollten, wobei Betroffene auch gehalten sind, hochkalorische Nahrung zu sich zu nehmen. Der Nahrungsaufbau erfolgt dabei mit regelmäßiger

Laborkontrolle, da durch die langanhaltende Mangelernährung zum Beispiel eine Störung des Salzstoffwechsels vorliegen kann, was möglicherweise lebensbedrohlich werden kann. Erst wenn eine Gewichtszunahme erzielt wurde, erfolgt die psychotherapeutische Behandlung.

Psychotherapie

Die eigentliche Psychotherapie findet demnach nach erfolgreicher Gewichtszunahme statt. Man muss nämlich berücksichtigen, dass das andauernde Hungern das Fühlen, Denken und Erleben der Betroffenen nachhaltig beeinflusst. Mit einer Gewichtszunahme bessert sich in der Regel auch der seelische Zustand und Erkrankte sind eher aufnahmefähig für eine Psychotherapie. Bei letzterer wird dabei vor allem bei sehr jungen Patienten die Familie mit einbezogen. Dies liegt zum einen daran, dass Eltern für ihre minderjährigen Kinder Verantwortung tragen, zum anderen ist häufig die Situation in der Familie ebenfalls ein Grund dafür, dass die Krankheit überhaupt erst ausgebrochen ist.

In den psychotherapeutischen Sitzungen wird dabei geklärt, welche Faktoren die Erkrankung begünstigt haben.

  • Leistungsdruck?
  • Ein irreales Schönheitsideal?
  • Ein traumatisches Erlebnis?

Langfristig verfolgt eine solche Behandlung natürlich das Ziel, die Betroffenen seelisch zu stabilisieren und ihnen zu helfen, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln, das nicht von Schönheitsidealen, Gewicht, Leistung oder anderen äußeren Faktoren abhängt.

Betroffene müssen lernen, sich selbst so zu akzeptieren, wie sie sind. Es liegt auf der Hand, dass dies ein tiefgreifender Prozess ist und eine solche Psychotherapie in der Regel langwierig ist, weil hinter der Erkrankung oftmals ein komplexes Ursachengeflecht liegt. So ist es keine Seltenheit, dass die Psychotherapie über Jahre hinweg erfolgt. Denn eine Veränderung des Essverhaltens bedeutet, dass Verhaltensmuster durchbrochen werden müssen, die womöglich jahrelang praktiziert wurden.

Entsprechend schwierig gestaltet es sich, eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Eine psychotherapeutische Behandlung ist – auch nach erfolgreicher Gewichtszunahme bzw. nach einer Normalisierung des Gewichts – dabei zwingend notwendig, weil die psychologischen Faktoren bei der Anorexia nervosa eine tragende Rolle spielen. Nur durch eine langfristige Verhaltensänderung können Betroffene auf Dauer gesund werden, dies erfordert allerdings eine Einsicht, die erst therapeutisch erarbeitet werden muss.

Sind Medikamente notwendig?

Allein mit Medikamenten ist die Anorexia nervosa nicht in den Griff zu bekommen. Darin sich Experten einig. Man hat allerdings festgestellt, dass bestimmte Antidepressiva hilfreich sein können, den Heilungsprozess zu unterstützen. Dabei handelt es sich um sogenannte Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, die den Serotonin-Spiegel im Blut erhöhen. Das Serotonin ist ein Glücksbotenstoff. Die Verabreichung von Antidepressiva wird vor folgendem Hintergrund plausibel: Zu Beginn der Erkrankung sind Betroffene oft euphorisch und können sich besser konzentrieren, sie sind insgesamt leistungsfähiger.

Doch mit Fortschreiten der Magersucht verdüstert sich die Stimmung nachhaltig, es stellen sich Konzentrationsprobleme und schnelle Ermüdung ein. Magersüchtige sind daher häufig depressiv. Die Verabreichung der genannten Antidepressiva kann helfen, den seelischen Zustand zu stabilisieren. Betroffenen geht es bei Medikamenteneinnahme daher häufig merklich besser. Aus diesem Grunde werden Psychotherapie, körperliche Behandlung und Medikamente häufig in Kombination eingesetzt, weil man festgestellt hat, dass mit dieser Methode die nachhaltigsten Erfolge erzielt werden können.

Die erfolgversprechendste Behandlung der Anorexia nervosa beruht demnach auf drei Grundpfeilern: der körperlichen Stabilisierung, der Psychotherapie und der Verabreichung bestimmter Antidepressiva. Dies ist der aktuelle Stand der Forschung. Dabei sollte eine Behandlung möglichst früh einsetzen, da ansonsten eine Chronifizierung und Langzeitschäden wie der Abbau der Knochendichte, etc., eintreten können. Im schlimmsten Falle erfolgt dabei eine Zwangsernährung, wenn sich Betroffene bereits in einem lebensgefährlichen Zustand befinden, dies aber nicht wahrnehmen. Grundsätzlich ist dabei die mangelnde Krankheitseinsicht eines der Hauptprobleme bei der Behandlung der Anorexia nervosa.

Überblick: Welche anderen Essstörungen sind bekannt

Was sind Essstörungen?

Essstörungen liegt de facto immer eine Verhaltensstörung zugrunde. Durch anhaltende Fehlernährung können dabei schwere und langfristige Gesundheitsschäden entstehen. Charakteristisch für alle Essstörungen ist, dass Nahrung stets im Zentrum der Gedanken und Gefühle der Betroffenen steht. Je nach Art der Störung handelt es sich dabei um eine langfristig gesehen zu hohe Energiezufuhr, um eine zu geringe oder um eine schädigende Art, mit der Energiezufuhr umzugehen (beispielsweise Erbrechen). In jedem Falle handelt es sich aber um eine Fehlernährung.

Man geht dabei davon aus, dass psychosoziale Faktoren und eine negative Einstellung zum eigenen Körper verantwortlich sind für Essstörungen. Grundsätzlich unterscheidet man drei grundlegende Typen von Essstörungen, wobei die Übergänge fließend sein können und manchmal keine eindeutige Zuordnung möglich ist. Die drei Typen sind die Esssucht, die Magersucht (Anorexia nervosa) und die Bulimie (Bulimia nervosa). Dies sind einerseits die bekanntesten, gleichzeitig aber auch die häufigsten Fehlentwicklungen im Bereich Ernährung. Dabei sind die meisten Betroffenen Frauen.

Was ist Esssucht?

Die Esssucht ist dadurch charakterisiert, dass zwanghaft gegessen wird, wobei die Gedanken unaufhörlich um Nahrungsaufnahme und Körper kreisen. Es handelt sich dabei um regelrechte Heißhungerattacken. Von Esssucht spricht man im medizinischen Sinne dann, wenn mindestens an zwei Tagen pro Woche diese Heißhungerattacken auftauchen, und zwar länger als sechs Monate lang. Esssüchtige nehmen zu viel Nahrung auf und/oder versuchen die Überernährung durch einen Komplex aus Bewegung, Diät halten und Hungern in der Balance zu halten.

Essen wird dabei als tröstlich empfunden, doch danach stellen sich Scham und Reue ein und Betroffene ekeln sich vor dem eigenen Körper. Häufig fungiert Nahrung auch als Belohnung. Da Esssüchtige zu viel Nahrung aufnehmen, ist Übergewicht bzw. Fettleibigkeit eine häufige Folge. Dies wiederum kann zu gesundheitlichen Problemen wie Bluthochdruck oder Diabetes führen. Außerdem wird Übergewicht in einer Gesellschaft, in der Schlankheit als erstrebenswertes Gut und als Ideal gilt, sanktioniert. Daher paart sich Esssucht häufig mit sozialen Problemen, wobei sich Esssüchtige in der Regel als Versager fühlen. Oft finden sie sich in einer Außenseiterrolle wieder. Das zwanghafte Essen sowie der Kreislauf aus Frust, zwanghaftem Essen und Scham kann nur durch eine längerfristige Therapie wirkungsvoll durchbrochen werden.

Was ist Magersucht?

Die Anorexia nervosa ist in gewisser Hinsicht das Gegenteil der Esssucht. Sie ist durch einen willentlich herbeigeführten rapiden Gewichtsverlust charakterisiert. Betroffene fühlen sich zu dick, auch wenn sie Untergewicht haben, und versuchen durch minimale Nahrungsaufnahme, exzessiven Sport, eventuell auch durch das Herbeiführen von Erbrechen oder durch den Einsatz von Abführmitteln um jeden Preis ihr Gewicht zu reduzieren. Man spricht hierbei von einem verzerrten Körperschema. Betroffene haben panische Angst davor zuzunehmen und erleben bereits eine Gewichtszunahme von nur wenigen Gramm als Katastrophe.

Gleichzeitig handelt es sich dabei meist um Menschen, die äußerst leistungsbezogen sind und im schulischen oder beruflichen Bereich bzw. in der Freizeit häufig Bestleistungen erbringen. Sie erleben es als Genugtuung, ihr eigenes Gewicht kontrollieren zu können, wobei die Gewichtskontrolle ganz offensichtlich einen kompensatorischen Charakter hat. Denn obwohl die Betroffenen häufig zu den Leistungsträgern gehören, ist ihr Selbstbewusstsein oft nur schwach ausgeprägt. Das eigene Gewicht kontrollieren zu können, vermittelt ihnen eine Art von Stolz und Macht.

Der Anorexia nervosa ist dabei nur schwer beizukommen, weil Betroffene in aller Regel ihren eigentlichen Zustand nicht erfassen. So kann es zu lebensbedrohlicher Unterernährung kommen, zu Mangelerscheinungen, langfristig auch zu einer Abnahme der Knochendichte, Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems und mehr.

Oft wird die Nahrungsverweigerung anfänglich von der Umgebung lediglich als Marotte, die man jederzeit wieder ablegen kann, betrachtet. Tatsächlich aber können Betroffene ohne fachmännische Hilfe das zwanghafte Hungern nicht einfach abstellen. Die meisten Betroffenen, die an dieser Erkrankung sterben, sterben allerdings nicht an Mangelernährung, sondern an Infektionen, da der geschwächte Körper nicht über genügend Abwehrkräfte verfügt.

Was ist Bulimie? (Bulimia nervosa)

Im Gegensatz zu Magersüchtigen oder Esssüchtigen sind Bulimiker in der Regel normalgewichtig. Allerdings haben sie panische Angst vor einer Gewichtszunahme. Heißhungerattacken und die Aufnahme großer Nahrungsmengen werden mit Erbrechen, Abführmitteln, exzessivem Sport, mit Einläufen oder durch Fasten kompensiert. Dies hat eine Mangelernährung zur Folge.

Der Körper reagiert darauf wiederum mit Heißhunger und Essattacken, wobei unter Umständen riesige Nahrungsmengen (bis zu 10.000 kcal) aufgenommen werden. Dies setzt einen neuen Teufelskreislauf in Gang. Manchmal ist auch Stress die Ursache für eine neue Heißhungerattacke, wobei die Kalorienaufnahme anschließend wieder bekämpft wird. Die Folgen sind mannigfaltig:

  • Zahnschäden
  • Entzündungen der Speiseröhre
  • Störungen des Elektrolythaushalts
  • Herzschäden
  • und mehr können aus der Bulimie langfristig resultieren.

Unter Umständen kann auch der Tod durch Herzversagen eintreten. Die Anorexia nervosa und die Bulimie sind dabei manchmal nicht klar voneinander abzugrenzen.

Die wichtigsten und bekanntesten Essstörungen – die Magersucht, die Esssucht und die Bulimie – haben alle gemeinsam, dass Nahrung im Zentrum der Gedanken und Gefühle der Betroffenen steht und Essen oder Nicht-Essen einen kompensatorischen Charakter hat.

In allen Fällen liegt eine Ablehnung des eigenen Körpers zugrunde, wobei durch die anhaltende Fehlernährung gravierende Gesundheitsschäden entstehen können. Betroffene sind in der Regel nicht in der Lage den Teufelskreislauf alleine zu durchbrechen und benötigen eine langfristige Therapie, die sich mit Körperschema und psychosozialen Gründen auseinandersetzt.

Letzte Aktualisierung am 26.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ein Kommentar