2011 wurden in Österreich über 43 % mehr Psychopharmaka für Jugendliche verschrieben. Dies spiegelt auch den Trend wider, dass es in immer mehr Familien ein Kind gibt, welches in irgendeiner Weise unterstützt und gefördert werden muss. Neben diesen Troublemakern gibt es in der Familie oft Geschwister, die mehr als nur vorbildlich sind.
Doch nur weil diese brav und artig sind, muss dies nicht heißen, dass sie auch zufrieden sind. Deswegen sollten Eltern auf jeden Fall auch einen genaueren Blick auf die Vorzeigekinder werfen, um festzustellen, ob diese auch wirklich glücklich sind.
Die Rollenverteilung in Familien
In jeder sozialen Gruppe gibt es gewisse Rollen, die zwischen den Mitgliedern aufgeteilt werden müssen. So ist es auch in der Familie. Und auch hier funktioniert das Gefüge nicht, wenn Rollen doppelt besetzt werden oder unbesetzt bleiben. Wenn also bereits ein Kind in der Familie ist, das ständig Probleme macht und immer wieder die Aufmerksamkeit der Eltern braucht, dann nimmt das zweite Kind oft die Rolle des Vorzeigekindes ein. Wichtig: Auch nach einem Trauerfall sollte man genügend Zeit nehmen, um Kinder die neue Situation zu begreifen und sich darauf einzustellen.
Wichtig: Beachtung durch die Eltern
Dies macht natürlich auch Sinn. Denn Kindern geht es im Grunde immer darum, von ihren Eltern beachtet zu werden und Aufmerksamkeit zu bekommen. Wenn es bereits einen kleinen Querulanten gibt, der immer wieder in der Schule auffällt oder auch zu Hause für Aufruhr sorgt, kann über diese Schiene keine weitere Aufmerksamkeit bekommen werden. Denn die Kinder wissen genau, dass es Belastungsgrenzen der Eltern gibt.
Braves Verhalten um Anerkennung zu erhalten?
Und so versuchen die Geschwister dann über besonders braves und vorbildliches Verhalten die Anerkennung, das Lob und die Aufmerksamkeit der Eltern zu erhalten. Zudem wollen vor allem sensible Kinder ihre Eltern so gut es geht schonen. Damit stabilisieren die Kinder zwar die Balance in der Familie und schonen die Eltern, aber es heißt nicht immer, dass es den Kindern auch gut geht.
Unterdrückte Gefühle bei den Braven
Viele brave Kinder sagen dann früher oder später, dass es anstrengend ist, immer artig und lieb zu sein. Dies rührt vor allem daher, dass die Kinder schon sehr früh gelernt haben, negative Gefühle wie Wut, Aggressionen und Trauer zu unterdrücken. Denn mit diesen würden sie ja mehr Chaos in die Familie bringen oder die Eltern überfordern. Das Unterdrücken von Gefühlen ist aber ein wahnsinniger Kraftakt, der früher oder später häufig in einem Burn-out endet.
Wichtig: Verhalten soll ermöglicht werden
Um dies zu verhindern, sollten Familien sehr flexibel mit den Rollen umgehen, damit alle Kinder verschiedene Facetten des Verhaltens ausprobieren können. Es sollte nicht einen fixen Störenfried und einen Braven geben, sondern in jedem Kind sollten alle Eigenschaften erkannt werden. Denn auch jeder Störenfried hat seine guten und tollen Seiten, die berücksichtigt werden müssen.
Das Rollengefüge der eigenen Familie überprüfen
Mit fünf einfachen Fragen können Sie als Elternteil das Rollengefüge in Ihrer Familie überprüfen. Und dies ist auf jeden Fall der erste Schritt dazu, dass jedes Familienmitglied sich in der Familie gut entfalten kann.
Stellen Sie sich folgende Fragen:
- Welche Rollen gibt es in unserer Familie und wer nimmt welche Rolle ein?
- Was würde passieren, wenn das „brave Kind“ aus seiner Rolle herausfällt?
- Gibt es Verallgemeinerungen und Festschreibungen (wie Nervensäge, Störenfried, Kluger)?
- Gibt es definierte Erwartungshaltungen an die einzelnen Kinder?
- Geht es auch dem „braven Kind“ wirklich gut und kann es sich entfalten?
Es lohnt sich auf jeden Fall, immer wieder einmal einen kritischen Blick auf die Familie zu werfen. Manchmal wird man überrascht sein, welche Rollen hier vorzufinden sind.
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