Manche Eltern sind bestrebt, den Abstand zwischen zwei Schwangerschaften klein zu halten. Viele junge Mütter gebären binnen eines Jahres erneut. So sind aus ihrer Sicht alle Kinder fast zeitgleich aus den Windeln und haben einen fast gleichaltrigen Spielkameraden.

Ob das aus gesundheitlicher Sicht sinnvoll ist, wird oft nicht gefragt. Wenn es sich um eine geplante Schwangerschaft handelt, sollten jedoch wichtige Erwägungen bezüglich der Risiken für Mutter und Kind ins Spiel gebracht werden.

Neben solchen Familien gibt es auch Familien, in denen fünf bis zehn Kinder zu finden sind. Hier scheint die Frau dauerhaft schwanger zu sein. Viele scheinen das sogar als einen beglückenden Zustand zu empfinden. Auch wenn es finanziell bei so großen Familien häufig eng wird – besonders bei einer Urlaubsplanung oder einem Autokauf – bedauern die meisten Eltern nicht, sich für mehr als drei Kinder entschieden zu haben. Hier haben wir also zwei Modellfälle, für die die Frage nach dem idealen Abstand zwischen zwei Schwangerschaften eine besondere Relevanz haben könnte.

Die biologische Frage

Dass mehrere Geschwisterkinder in geringem Abstand hintereinander geboren werden, ist gar nicht selten. Umgangssprachlich gibt es sogar einen Begriff dafür: „Irische Zwillinge“. Beschrieben werden damit Kinder, die im gleichen Kalenderjahr oder binnen zwölf Monaten nach einer Geburt das Licht der Welt erblicken.

Oftmals ist es keine ungewollte Schwangerschaft, sondern eine bewusste elterliche Planung. Viele Eltern möchten die Familienplanung in jungen Jahren beenden. Sie verbringen dann einen überschaubaren Zeitraum mit der Kinder-Erziehung. Anschließend haben sie mehr Zeit für sich selbst, ohne bereits zu alt zu sein.

Die Biologie des Menschen erlaubt es, schon unmittelbar nach einer Geburt gewollt wieder schwanger zu werden. Die Frage ist aber, ob das eine kluge Entscheidung ist – sowohl mit Blick auf den Körper der Mutter, als auch mit Blick auf das erstgeborene Kind. Mittlerweile gibt es einige Studien, die sich intensiver mit diesem Thema befassen. Die Frage nach dem idealen „pregnancy spacing“ wurde bereits in einer Studie aus dem Jahr 2014 beantwortet.

Ein wissenschaftlicher Artikel aus dem „International Journal of Obstetrics and Gynaecology“ besagt, dass das Risiko für eine Frühgeburt bei einer erneuten Schwangerschaft binnen 18 Monaten nach einer bereits erfolgten Geburt um immerhin 15,8 höher liegt als sonst. Nicht alles, was aus biologischer Sicht funktionieren kann, ist also erstrebenswert.

Die Frage der Risikoabwägung

Noch bedeutender in der Aussage ist eine amerikanische Meta-Studie, deren Ergebnisse 2006 im „Journal of the American Medical Association“ veröffentlicht wurden. Für diese aussagefähige Studie wurden die Geburten von mehr als elf Millionen Frauen weltweit analysiert.

Die Studienleiter kamen am Ende der Studie zu dem Schluss, dass die Frühgeburtsrisiken mit der Kürze der Zeitspannen zwischen zwei Geburten drastisch erhöht sind. Errechnet wurde, dass das Frühgeburtsrisiko für Embryos, die in einem geringen Abstand von weniger als sechs Monaten nach einer Geburt im Mutterleib heranreiften, in 40 Prozent der Fälle nicht lebensfähig waren.

Außerdem legte diese Studie nahe, dass das Geburtsgewicht in 61 Prozent der Fälle, wo keine vorzeitige Fehlgeburt erfolgte, deutlich niedriger sei als sonst. Die Studie verglich solche Fälle mit den Geburten von Müttern, die nach dem ersten Kind durchschnittlich 18 bis 24 Monate gewartet hatten, bis sie eine erneute Schwangerschaft planten.

Mittlerweile besagen aktuellere Meta-Studien, dass es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen dem Entstehen von autistischen Kindern und einem zu geringen Abstand zwischen zwei Schwangerschaften geben könnte. Laut einem Bericht der WHU ist zu erwarten, dass die Risiken, ein autistisches Kind zu gebären, bei einem Schwangerschaftsabstand von drei oder vier Jahren 50 Prozent geringer ist, als bei einem kurzen Abstand.

Schwangerschaften als Dauerzustand?

Wenn zwei oder drei Geburten in relativ schneller Folge erlebt werden, ist der Körper hormonell in einem quasi dauerhaften Schwangerschaftsmodus. Noch krasser wird dieser Zustand, wenn eine Frau in einem Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahren sieben, neun oder gar elf Kinder zur Welt bringt. Ob Zwillingsgeburten dabei gewesen sind oder nicht, soll hier nicht betrachtet werden. So oder so besteht über dieses Thema weiterer Forschungsbedarf. Bisher ist die Wissenschaft bezüglich der ursächlichen Bewertung bisher vorliegenden Studienergebnisse auf Vermutungen angewiesen.

Die Forscher nehmen bislang an, dass die erhöhten Risiken für Fehlgeburten, niedriges Gewicht des Kindes oder Autismus mit dem noch nicht wieder normalisierten Hormonstatus der Mutter zusammenhängen könnte. Auch nachgeburtliche Körperfunktionen bei der Mutter könnten eine Rolle spielen. Immerhin sind sowohl die Schwangerschaft, als auch die Geburt selbst ein Kraftakt für den mütterlichen Organismus. Wenn eine zu niedrige Erholungsphase auf eine Geburt folgt, kann sich der Organismus nicht ausreichend lange regenerieren.

Selbst das Stillen schwächt den Organismus der Mutter. Nährstoffe-Vorräte wie etwa Eisen oder Folsäure werden strapaziert. Das kann die Folsäurevorräte bei einer erneuten Schwangerschaft in kurzem Abstand zur vorhergehenden dramatisch dezimieren. Vor allem aber muss die Mutter sich in den nächsten zwei Jahren intensiv mit dem Neugeborenen befassen, um eine Bindung an die Mutter zu etablieren.

Risiken für das Neugeborene oder die Mutter

Unterscheiden muss man die Risikoabwägung mit Bezug auf das Neugeborene oder die Mutter. Ältere Frauen jenseits der 35 Jahre hatten ein 1,2 Prozent höheres Risiko bei der Müttersterblichkeit oder der Krankheitshäufigkeit, wenn sie schon sechs Monate nach der vorangegangenen Geburt erneut schwanger waren. Das sind 12 von 1.000 Frauen. Warteten die Spätgebärenden jedoch 18 Monate mit der zweiten Schwangerschaft, senkten sich die Risiken für die Mutter auf fünf Fälle bei je 1.000 Schwangerschaften.

Jüngere Frauen, die bereits nach sechs Monaten erneut schwanger wurden, hattn in 85 von 1.000 Schwangerschaften eine spontane Frühgeburt vor der 37. Schwangerschaftswoche. Hatten die Frauen aber 18 Monate gewartet, bevor sie erneut ein Kind bekamen, senkte sich das Frühgeburts-Risiko auf 37 Fälle innerhalb von 1.000 Schwangerschaften ab. Je älter die Gebärenden waren, desto höher wären die Risiken für eine Frühgeburt bei der zweiten Schwangerschaft. Bei einer kurzen Wartezeit von sechs Monaten erhöhte sich das Frühgeburts-Risiko auf 60 von 1.000 Schwangerschaften. Bei ausreichend langer Wartezeit wäre dieses Risiko um die Hälfte reduziert worden. In diesem Fall hätte es auf 1.000 Geburten nur 34 Frühgeburten gegeben.

Was wäre ein optimaler Abstand zwischen zwei Schwangerschaften?

Aus Sicht der Forscher wäre der heutigen Erkenntnislage nach ein Mindestabstand von 18 Monaten sinnvoll. Den vorliegenden Studienergebnissen nach muss jeder Monat, der an diesem Abstand eingespart wird, mit einer Frühgeburts-Risikoerhöhung von fast zwei Prozent verbucht werden. Ein zu langer Abstand zwischen zwei Schwangerschaften kann allerdings genauso risikobehaftet sein. Ein Abstand von fünf Jahren oder mehr kann die Risiken auf diesen oder anderen Gebieten wieder erhöhen. Es kommt bei solch großen Abständen vermehrt zu Fehlgeburten oder einem behinderten Kind.

Natürlich ist die Familienplanung immer eine sehr persönliche und individuelle Angelegenheit. Viele Faktoren spielen bei der Entscheidung für ein Kind eine Rolle. Letzten Endes hängt es von finanziellen und beruflichen Chancen, der allgeneinen Gesundheit, familiärer Unterstützung oder der gesundheitlichen Verfassung der Mutter ab, ob eine weitere Geburt gewünscht wird. Auch wenn amerikanische Forscher an der „University of British Columbia“ im Zusammenarbeit mit der „Harvard T.H. Chan School“ nach ihrer Analyse zu dem Schluss kamen, der ideale Zeitpunkt für eine weitere Schwangerschaft seien 12-18 Monate, muss die elterliche Entscheidung individuelle Faktoren berücksichtigen.

Interessant ist, dass die oben beschriebenen Risiken unabhängig von Alter der Gebärenden vorlagen. Insbesondere die Risiken für die Neugeborenen waren erhöht. Die Risiken für die Mütter erhöhten sich nur bis zur Altersstufe von 35 Jahren. Danach sind die Geburtsrisiken bei Frauen, die erst nach dem 35. Lebensjahr schwanger werden, ohnehin erhöht. Die Studienleiterin sah die Studienergebnisse, die sich auf ältere Frauen bezogen, als besonders wichtig an. Der Grund liegt darin, dass ältere Gebärende dazu tendieren, ihre Schwangerschaften absichtsvoll zeitlich in einem engeren Rahmen zu planen als junge Mütter.

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